Für mich persönlich ist der Wolf eines der faszinierendsten Wildtiere in Deutschland. Mein Interesse für diese Tiere begann im Jahr 2013 als ich zum ersten Mal ein Wolfsrevier in der Lausitz besuchte - nicht wegen der Wölfe - sondern um Seeadler zu beobachten. Mich überkam damals dieses eigenartige Gefühl dass mir zwar bewusst war, mich jetzt in einem Wolfsrevier zu befinden, mir vorzustellen dass hier aber tatsächlich Wölfe durch die Wälder streifen fiel mir schwer - in dem Moment war die Faszination entfacht. Allein zu wissen, dass sie da sind löste ein Gefühl in mir aus, welches ich nicht wirklich beschreiben kann. Da war nur auf einmal der Wunsch, mehr über die Tiere erfahren und - vor Allem - sie mit eigenen Augen sehen zu wollen. Ein knappes Jahr später (ich war mittlerweile von Baden-Württemberg nach Dresden umgezogen) konnte ich meinen ersten Wolf beobachten.

Der allererste Wolf, im Jahr 2014 - es war ein wirklich besonderes Erlebnis für mich.

 


 

Durch meinen Umzug in den Osten ergeben sich nun auch mehr Möglichkeiten verschiedene Wolfsreviere in Sachsen und Brandenburg anzusteuern. Trotz regelmäßiger Aufenthalte in Wolfsgebieten sollten fast weitere eineinhalb Jahre bis zu meiner zweiten Wolfsbegegnung vergehen. An einem Morgen hatte ich dann unverhofft eine kurze Beobachtung, Tags darauf eine weitere. Dieser Wolf wechselte in kurzer Distanz vor mir über einen Waldweg und ich war völlig überwältigt von seiner Körpergröße. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass die Tiere so groß werden können! Ich hatte zwar schon gelesen, dass die Rüden eine Schulterhöhe von bis zu 90 cm erreichen, das konnte ich - bis zu dieser Begegnung - aber nicht recht glauben...

Natürlich habe ich auch den Wunsch, schöne Fotos von den Wölfen zu machen. Trotz nahezu täglicher Fotoansitze dauerte es fast ein halbes Jahr, bis ich einen Wolf vor die Kamera bekam. Wölfe zu beobachten und zu fotografieren ist ein Unterfangen, das nur mit sehr großem Zeitaufwand und sehr viel Geduld möglich ist, da die Tiere sehr heimlich leben und äußerst vorsichtig sind. Selbst wenn man weiß wo sie sich ungefähr aufhalten, sieht man sie fast nie - und oft liegen zwei bis fünf Monate zwischen den einzelnen Beobachtungen, obwohl ich fast täglich in Wolfsrevieren unterwegs bin.

Mein erstes gutes Foto von einem wilden Wolf in der Lausitz. Es handelte sich um einen Jährling, den ich beim gemeinsamen Fotoansitz mit meiner Partnerin fotografieren konnte.

 


 

Noch ein Foto des oben gezeigten Jährlings von der zweiten und gleichzeitig letzten Begegnung mit diesem Wolf.

 


 

Wolfsstein in der Lausitz. Das Jahr 2000 markiert den Punkt an dem Wölfe sich erstmals seit der Ausrottung durch den Menschen, in Deutschland wieder erfolgreich fortpflanzten.

 

Warum fotografiere ich Wölfe?

 

Zu aller erst einmal natürlich aus demselben Grund wie alle anderen Tiere auch, für sie trifft es aber in besonderem Maße zu. Denn sie sind nur äußerst schwierig zu beobachten. Während man Füchse, Rehe und Rotwild oft schön und über längere Zeit mit Fernglas oder Spektiv beobachten kann, sieht man Wölfe (wenn überhaupt) nur sehr selten einmal, auf große Distanz oder nur sehr kurz. Meist sieht man nur einen grauen Schatten vorbei huschen. Das ist der Grund warum Wölfe zu meinem Hauptmotiv wurden - ich möchte die Tiere erlebbar machen, in erster Linie für mich selber, aber natürlich auch für andere interessierte Menschen. Mit einem Foto kann man den Tieren ins Gesicht, in ihre Augen schauen. Wenn ich nach Monaten erfolgloser Versuche wieder einmal Wölfe vor die Kamera bekomme ist das jedes mal ein großes Glücksgefühl und über Wochen hinweg muss ich mir die Bilder immer und immer wieder anschauen, kann mich der Faszination, die sie auf mich ausüben nicht entziehen. Ich weiß, das geht nicht nur mir, sondern vielen Menschen so und und ein Foto macht es möglich, Wölfe so zu sehen wie sie wirklich sind.

 

In diesem Sinne wünsche ich viel Freude beim Betrachten der Bilder.


Die hier gezeigten Aufnahmen entstanden über einen Zeitraum von 10 Jahren.

 


 

 



Abendliche Begegnung mit einem Wolfswelpen.


 


 


 


Wolfswelpe...


...auf Mäusejagd.

 


 

 






Wölfe im Winter.




Die folgenden Bilder zeigen einen schon recht alten Wolfsrüden...ich schätzte sein Alter auf mindestens neun bis zehn Jahre, eine Expertin bestätigte mir diese Einschätzung.


 

 

 

Wie alle meine Fotos von Wölfen, haben auch die Bilder dieses alten Wolfes einen sehr hohen ideellen Wert für mich, vielleicht sogar noch mehr als die anderen. Ich freue mich immer besonders wenn ich ihn, nachdem oft viele Monate vergangen sind, beobachten kann und sehe dass er wohl auf ist. Dass ich ihn einmal so nahe würde fotografieren können, hätte ich nicht zu träumen gewagt. Denn wie alle Wölfe versteht es auch dieser alte Rüde ganz hervorragend, Menschen aus dem Weg zu gehen. Ich erinnere mich noch genau an die erste Begegnung mit ihm. Eines Morgens war ich mit dem Rad unterwegs, als ich um eine Kurve bog und mir der alte Rüde in etwa 200 Metern Entfernung auf dem Weg entgegen kam. Als er mich sah, blieb er stehen. Auch ich hielt sofort an und schaute durchs Fernglas, mir fiel sofort dieses markante, helle Gesicht auf und ich dachte dass dies wohl ein schon sehr alter Wolf sein muss. Die Beobachtung dauerte ca. 10 Sekunden. Während er mich anblickte und ich überlegte, ob es Sinn machen könnte, wenn ich probiere die Kamera auszupacken, wandte er seinen Blick ab und verschwand mit einem Satz im Wald...es sollten neun Monate vergehen, bis er sich mir ein zweites Mal zeigte. Seitdem habe ich ihn immer wieder einmal gesehen und die Begegnungen sind immer etwas Besonderes für mich.


Die Aufnahmen entstanden 2017, inzwischen lebt der alte Rüde leider nicht mehr. Der letzte Nachweis von ihm war im Oktober 2018 auf einer Wildkamera. Meine letzte Begegnung mit ihm hatte ich im Mai 2018. Auch seine Partnerin ist inzwischen tot und das Rudel existiert nicht mehr. Der alte Rüde und seine Familie waren das erste Wolfsrudel, welches ich über einen längeren Zeitraum erleben und beobachten durfte. Auch wenn sie es mir wirklich schwer gemacht haben, sich mir nur sehr selten zeigten und ich mehr als nur einmal Momente der Frustration und Enttäuschung erlebte, an mir selber zweifelte und mir die Frage stellte, ob das was ich da tue überhaupt Sinn macht, so war es doch eine aufregende und magische Zeit. Erlebnisse und Begegnungen, die sich unauslöschlich eingebrannt haben und für die ich unglaublich dankbar bin.

 


 

Wolf im Fellwechsel.

 


 

Zu den folgenden Bildern möchte ich ein paar Worte zur Entstehungsgeschichte schreiben. Es ist die Geschichte eines Fotoansitzes der ganz unspektakulär begann und darin gipfelte, dass ich meine erste Jagd von Wölfen auf Rotwild beobachten konnte. Ich saß bereits seit fast acht Stunden in meinem Versteck, als plötzlich die Wölfe auftauchten. In den folgenden drei Stunden jagten sie in dem Gebiet, einmal sah ich sie in großer Entfernung jagen, mal in meiner direkten Nähe. Einige Male kamen sie dabei auch vor meine Kamera gelaufen. Von der Jagd selber konnte ich keine Bilder machen, da ich durch die Bäume keine freie Sicht auf das Geschehen hatte.

 

Die ersten Bilder, kurz vor der Jagd. Wenige Minuten später ging es los.


 

 

Wie oben beschrieben konnte ich die Wölfe über einen Zeitraum von drei Stunden einige Male beobachten. Die Beobachtungen dauerten meist nur wenige Sekunden.

 

Tag 2

Am nächsten Tag setzte ich mich wieder an dieselbe Stelle. Nachdem mehrere Stunden nichts zu sehen war, tauchten plötzlich diese beiden Wölfe wie aus dem Nichts auf. Ihr Fell war blutig, sie hatten also erfolgreich gejagt.

Das Foto zeigt den Wolf, der auf dem oberen Bild unscharf im Hintergrund zu sehen ist. Nachdem sie verschwunden waren, geschah längere Zeit nichts. Genauso unvermittelt und plötzlich erschien auf einmal das Wolfspaar auf der Bildfläche. 


 Die Wölfin. Ihr Erkennungsmerkmal ist ein abgeknicktes Ohr, eventuell wurde sie in der Vergangenheit bei Streitigkeiten mit Artgenossen verletzt.


Der Rüde.

 

 

Auf den Bildern wirkt es als würde er gezielt auf mich zukommen, tatsächlich ging er aber nur zu der Stelle an der zuvor die beiden anderen Wölfe standen und beschnupperte sie ausgiebig.

Hier hebt der Rüde das Bein und markiert sein Revier. Anschließend zogen die beiden in geringer Distanz an mir vorbei. Ich musste die Kamera sehr weit schwenken, um ihn fotografieren zu können...

...diese Bewegung nahm er wahr und blieb stehen...einige Sekunden blickte er direkt in meine Kamera, dann machten beide kehrt...


Noch ein Blick, dann trabten sie davon...

Ich bin sehr glücklich und sehr dankbar für diese Erlebnisse und für die Bilder, die mir an diesen Tagen gelungen sind. Einen großen Teil meiner fotografischen Aktivitäten widme ich den Wölfen. Trotzdem ist und bleibt es die absolute Ausnahme, dass man bei einem Fotoansitz wirklich einmal einen Wolf sieht oder gar fotografieren kann. Es kann zugegebenermaßen manchmal sehr enttäuschend und frustrierend sein, wenn man es immer und immer wieder probiert, aber sich selbst nach Monaten kein Wolf vor der Kamera zeigt. Schon ein paar Mal war ich an dem Punkt an dem ich mir vornahm, einmal vier Wochen etwas komplett anderes zu machen, um nicht die Freude und den Antrieb zu verlieren. Meistens schaffe ich das keine Woche, dann zieht es mich wieder hinaus...die Faszination ist einfach zu groß. Ich kann ohne Übertreibung sagen, dass diese Bilderserie das Ergebnis und der vorläufige Höhepunkt von über zwei Jahren intensiver Anstrengungen und Bemühungen ist. Und ich betrachte sie für mich ganz persönlich auch als Lohn für den Aufwand und für die vielen hundert Stunden Ansitz, in denen sich kein Wolf und auch kein anderes Tier vor der Kamera gezeigt hat. Und ebenso betrachte ich die Bilder als ein großes Geschenk.

 


 

Wolf mit Frischling.

 


 

 


 

 


 

 

 


 

 


 

 


 

 


 

Die folgenden Bilder zeigen die Welpen eines Brandenburger Wolfsrudels, welches ich seit längerer Zeit beobachte. In diesem Jahr war es mein Ziel, oder besser gesagt mein großer Wunsch Wolfswelpen zu fotografieren und ich nahm mir vor, meine gesamte Zeit dafür aufzuwenden. Dann endlich...nach monatelanger Vorarbeit und wochenlanger intensiver Suche sah ich plötzlich einen kleinen Welpen, nur ein paar Sekunden tapste er durchs hohe Gras und war wieder verschwunden. Nun wusste ich endlich wo sie sind. Zehn Tage nach dieser Beobachtung gelangen erste Bilder...


 

 

 

 

 

Die Freude war riesengroß...weiterhin war ich jeden Tag im Revier und hoffte auf Beobachtungen und Fotos der Kleinen. Eine Woche später hatte ich erneut Glück.


In geringer Entfernung tauchte einer der Welpen auf...


 

Das Auslösegeräusch der Kamera machte ihn neugierig und er kam näher...


...schaute mich an und überlegte...dies wurde ihm aber rasch langweilig, er verlor dass Interesse an diesem merkwürdigen Busch der klickende Geräusche von sich gab...


...und setzte seinen Weg fort. Einige Zeit später erschien ein zweiter Welpe, er war noch näher als der erste...


...und bedeutend vorsichtiger als sein Geschwisterchen...


...einige Sekunden schaute er mich an und machte dann kehrt. Nachdem er sich entfernt hatte blieb er stehen und beobachtete mich aus der Deckung noch einmal ehe er verschwand.

 





Einer der Welpen, zwei Monate später und nun schon deutlich größer. 

 


 

 

 

 

 


 




 


 

Wolf, Brandenburg.
















Wolf im herbstlichen Wald, bei der Jagd auf Rotwild.
































Ein magischer Moment beim Ansitz, plötzlich waren sie da. Dass auf den Fotos zwei Wölfe zu sehen sind, habe ich erst beim Kontrollieren der Bilder bemerkt.





















 














Die Entfernung zwischen mir und diesem Wolf betrug nur ca. 10 Schritte. Über die Jahre hatte ich bei meinen Ansitzen ein paar solcher Nahbegegnungen mit ausgewachsenen Wölfen, Bilder konnte ich dabei fast nie machen, da es die jeweilige Situation nicht zuließ. Weil - um nur ein Beispiel zu nennen - der Wolf sich zu weit seitlich von mir befand und ich nicht die Zeit und auch gar nicht die Möglichkeit gehabt hätte, die Kamera in diese Position auszurichten. Bei diesem Ansitz sollte es nun einmal klappen: Beim Blick nach rechts bemerkte ich einen Wolf der soeben aus dem Unterholz kam und gemächlich in meine Richtung trabte, er war gleich zu Beginn der Begegnung sehr nahe. Ich verharrte regungslos und genoss einfach den Moment, den Wolf aus dieser Nähe beobachten zu können. Erst als er direkt vor mir war ging ich mit dem Auge an den Sucher der Kamera, zu meinem großen Glück blieb er einen ganz kurzen Moment stehen und ich konnte diese Aufnahme von ihm machen.






Er lief ein Stück weiter, blieb noch einmal kurz stehen, was es mir ermöglichte weitere Bilder zu machen. Dann entfernte er sich, markierte kurz und war verschwunden. Und ich saß da, überglücklich und noch etwas ungläubig was ich da gerade erleben durfte. Und wieder einmal wurde mir bewusst: Es lohnt sich, immer weiter zu machen. Denn es sind diese kurzen Momente für die man das tut, die einen antreiben und für die man immer wieder rausgeht und stundenlang sitzt, auch wenn man vielleicht gerade gar keine Motivation und keine Lust mehr hat, weil man (wie auch in diesem Fall) bereits wieder wochen- oder monatelang vergeblich auf Ansitz geht, ohne auch nur einen Wolf zu sehen. Doch irgendwann kommt dieser eine Augenblick und man wird belohnt - mit Erlebnissen die man nicht mehr vergisst. 









Gedanken und persönliche Erfahrungen zum Thema Wölfe in Deutschland.


Kein anderes Tier löst wohl solche Emotionen und Debatten aus wie der Wolf. Hier möchte ich versuchen gängige Aussagen aufzugreifen und mit meinen persönlichen Erfahrungen abzugleichen.


Regelmäßig ist zu hören und zu lesen, Wölfe würden sich nicht an die wehrhaften Wildschweine trauen und höchstens in Ausnahmefällen einmal einen Frischling erbeuten.


Wolfslosung mit langen Wildschweinborsten.

 Überreste eines von Wölfen gerissenen Wildschweines.

Das ist falsch, Wildschweine machen einen großen Teil der Nahrung von Wölfen aus. In fast allen Wolfslosungen die ich finde, sind Wildschweinborsten enthalten - und das in allen Revieren in denen ich unterwegs bin. Meine eigenen Beobachtungen decken sich hierbei mit denen von Anderen, die sich ebenfalls intensiv mit Wölfen beschäftigen. Warum erwähne ich das? Auch in der heutigen Zeit herrscht bei so manchen Menschen noch das Denken von "Schädlingen" und "Nützlingen" in der Tierwelt. Die Wildschweinbestände sind bedingt durch unterschiedliche (Menschen gemachte) Faktoren vielerorts sehr stark angestiegen, somit ist es ja durchaus positiv wenn Wölfe vermehrt Wildschweine erbeuten. Mit der Aussage dass Wölfe sich nicht an Wildschweine trauen soll ihnen also oftmals jeglicher Nutzen für die Natur abgesprochen werden und es wird so dargestellt als würden sie z.B. stattdessen die Rehe ausrotten oder hauptsächlich Schafe reißen. Auch ich hörte schon die Aussage "Wenn der Wolf Wildschweine jagen würde, wäre das in Ordnung, aber da traut er sich ja nicht ran" Mal abgesehen davon dass es absolut anmaßend ist einem Wildtier vorschreiben zu wollen welche anderen Wildtiere es nach menschlichem Ermessen fressen darf und welche nicht, ist es schlicht weg nicht wahr dass Wölfe keine oder nur ausnahmsweise Wildschweine und wenn, dann nur Frischlinge erbeuten.


Oft ist auch zu hören Rotwild wäre durch die Anwesenheit von Wölfen in ständiger Panik.


Entspanntes und schlafendes Rotwild am frühen Morgen, an diesem Platz hatte ich mich postiert weil ich tags zuvor dort sechs Wölfe gesehen hatte. Auch bei diesem Thema mache ich andere Beobachtungen. Mehrfach habe ich es bei meinen Ansitzen schon erlebt dass sich ein Rudel Rotwild vor mir niedergelassen hat und sich mehrere Stunden ruhend und wiederkäuend dort aufhielt. Auch bei anderen Gelegenheiten und Beobachtungen sind die Tiere ruhig und entspannt, trotz Anwesenheit von Wölfen. Was ich allerdings schon erlebt hatte war, dass mehrere Hirsche die bereits zwei Stunden vor mir ruhten aufsprangen und flüchteten als ein Auto einen Waldweg entlangfuhr, obwohl eine größere Distanz zum Fahrzeug bestand und die Hirsche in Deckung lagen. Solche Dinge scheinen die Tiere also weit mehr zu beunruhigen als anwesende Wölfe. Zudem sind Wölfe auch nicht permanent auf Jagd und die Tiere wissen genau ob oder wann ihnen Gefahr droht. Regelmäßig sehe ich Rotwild und Rehe die sich ganz normal verhalten, obwohl die Wölfe sich im selben Gebiet aufhalten. Eigentlich ist es logisch dass die Aussage mit der ständigen Panik falsch ist, denn sie ließe sich ja auf sämtliche anderen Tierarten übertragen, so müssten Wasservögel in ständiger Panik vor Seeadlern sein, Singvögel in ständiger Panik vor Sperbern, Hasen in ständiger Panik vor Füchsen, Eichhörnchen in ständiger Panik vor Habichten usw. sprich alle Tiere die anderen Tieren als Nahrung dienen müssten in ständiger Panik leben, was natürlich völlig unsinnig ist.



Wölfe und die Scheu vor Menschen.


Ein Punkt der immer wieder sehr hartnäckig behauptet wird ist, dass Wölfe ihre Scheu vor Menschen verloren haben weil sie nicht bejagt werden. In den "Sozialen Medien" tauchen immer wieder Horrorgeschichten auf, was Menschen angeblich mit Wölfen erlebt haben, die offensichtlich erfunden sind um Stimmung zu machen und Ängste zu schüren. Manche gehen gar so weit, Mutmaßungen in den Raum zu stellen dass es seit der Rückkehr der Wölfe nach Deutschland, bereits tödliche Angriffe auf Menschen gab, die durch Behörden vertuscht werden. Fatal ist, dass nicht wenige Leute glauben was sie da lesen. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich kann manchmal nur noch mit dem Kopf schütteln wenn ich Beiträge oder Kommentare lese und man muss sich fragen was in solchen Köpfen vor sich geht. Woher kommt dieser irrationale, fanatische Hass auf ein Wildtier? 

In anderen Fällen wird, wenn irgendetwas passiert von der Sensationspresse auch vorschnell von Wölfen gesprochen, wie z.B. dass Wölfe mitten in der Stadt einen kleinen Hund gebissen haben, nachher stellt sich heraus - was schon vorher klar war - dass es natürlich freilaufende Hunde waren. Aber die Schlagzeile dass wilde, nicht mehr scheue Wölfe inzwischen mitten in der Stadt Hunde angreifen hat weit mehr Menschen erreicht, als die anschließende Richtigstellung. 

Glaubt man den Erfindern dieser Geschichten müsste man zu dem Schluss kommen, es würde inzwischen vor Wölfen nur so wimmeln die sich ohne Scheu tagtäglich am helllichten Tag Menschen nähern oder in Dörfern und Städten unterwegs sind.

Ich bin täglich in Gebieten in Sachsen und Brandenburg unterwegs in denen es mit die meisten Wölfe in Deutschland gibt. Tatsache ist, dass es nur ausnahmsweise zu direkten Begegnungen mit Wölfen kommt. Zufallsbegegnungen sind äußerst selten und auch wenn man gezielt Wölfe beobachten oder fotografieren möchte dauert das oft Monate, obwohl Wölfe vor Ort sind. Wölfe sind äußerst geschickt darin Menschen aus dem Weg zu gehen - und das tun sie in aller Regel.

Des weiteren werden normale, völlig harmlose Begegnungen mit Wölfen oftmals auch anders wahrgenommen und dementsprechend wieder gegeben. Hier fällt mir z.B. ein Video ein, welches ich vor einiger Zeit sah. Liest man sich die Videobeschreibung durch, denkt man es wäre eine hochdramatische vielleicht sogar brenzlige Begegnung gewesen, schaut man sich das Video an, sieht man einen etwa 6 Monate alten Welpen der den Filmer recht spät wahrnimmt und ihn mit der Kamera vor dem Gesicht wohl auch nicht richtig einordnen kann und dann, nachdem er etwas verunsichert guckt und nicht recht weiß was er davon halten soll, ziemlich schnell verschwindet. Also eine an sich völlig harmlose Begegnung, die aber anders empfunden wurde.

Manche Leute denken auch es wäre reines Glück dass gerade keine Wölfe in der Nähe sind, wenn man im Wolfsgebiet unterwegs ist, da sonst die Gefahr eines Angriffes bestünde. Aus eigener mehrfacher Erfahrung kann ich sagen dass es viel öfter zu Wolf- Menschbegegnungen kommt, als die meisten denken. Nur bekommt der Mensch in der Regel davon nichts mit. Nicht selten sind Wölfe in unmittelbarer Nähe und dennoch passiert nichts, wie schon geschrieben, Wölfe gehen Menschen aus dem Weg und interessieren sich nicht für uns. Allerdings bringen Wölfe Fahrzeuge nicht direkt mit Menschen in Verbindung, das erklärt warum es im Internet mehrere Videos gibt die z.B. Landwirte von ihren Traktoren aus gedreht haben, die vermeintlich nicht scheue Wölfe zeigen.

Experten sind inzwischen dazu übergegangen Wölfe nicht mehr als scheu sondern als vorsichtig zu bezeichnen, da wohl eine bestimmte Vorstellung davon herrscht was scheu bedeutet und es so immer wieder zu Missverständnissen kommt. Offenbar reicht es schon aus einen Wolf zu sehen um diesen für nicht mehr scheu zu erklären. Ich kenne auch so einen Fall eines Videos auf dem ein Wolf in mehreren hundert Metern Distanz über ein Feld läuft und hörte dazu die Aussage "Und da heißt es immer die wären scheu" So etwas kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen.

Es gibt also wohl unterschiedliche Vorstellungen darüber was scheu bedeutet oder wie sich ein scheues Tier zu verhalten hat. Ich persönlich würde Wölfe nach meinen Erfahrungen und wenn man sie mit dem Verhalten von anderen Wildtieren vergleicht schon als scheu bezeichnen, ich habe bis auf zwei Ausnahmen (Im Abschnitt "Wölfe und Hunde" zu finden) noch keinen einzigen Wolf erlebt der nicht sofort das Weite gesucht hätte nachdem er mich bemerkt hatte, einige traben ganz normal und entspannt davon, andere - der überwiegende Teil - rennen hochflüchtig weg. Direkt Angst vor Menschen haben Wölfe nicht, aber sie meiden ihn. Nach allem was ich bisher erlebt habe sage ich, dass Wölfe in 99% der Fälle den Menschen schon bemerken bevor der Mensch sie bemerkt und ihm eben aus dem Weg gehen bzw. sich nicht zeigen (Warum sollten sie auch?). Bei den absolut seltenen Ausnahmen in denen es doch zu direkten Begegnungen kommt weil der Wolf einen nicht bemerkt hat, laufen Wölfe in der Regel gleich weg. Ist die Distanz recht groß, kann es auch vorkommen, dass sie eine Weile stehen bleiben und schauen, ehe sie verschwinden. Das ist normal und habe ich bei anderen Tierarten schon genauso erlebt.

Zudem, und das ist wohl der Knackpunkt denke ich, werden Beobachtungen von Wölfen immer ganz anders bewertet als die von anderen Wildtieren. Läuft ein Fuchs am Tag über eine Wiese in Dorfnähe interessiert das niemanden, macht es ein Wolf ist das sofort ein Problem, bzw. wird es oft zum Problem gemacht, vorwiegend in Gegenden in denen es noch gar keine, oder erst seit Kurzem Wölfe gibt. Oder wie oft sieht man Rehe am Tag auf freier Fläche ruhen, die nicht wegrennen wenn ein Mensch in einiger Entfernung auf dem Weg vorbeigeht? Oder auch Füchse die am Tag auf Wiesen Mäuse fangen und Menschen die in einigen hundert Metern vorbeigehen nicht wahrnehmen oder beachten und sich nicht stören lassen? Oder im Wald, auch da ist es so dass Rehe und Rotwild stehen bleiben oder einige Meter rennen um die Distanz zu vergrößern und dann erneut stehen bleiben und einen beobachten bis man vorbei gegangen ist. Kein Mensch würde auf die Idee kommen zu behaupten diese Tiere hätten ihre Scheu dem Menschen gegenüber verloren, aber ein Wolf der sich so oder so ähnlich verhält hat seine Scheu verloren und es wird alles mögliche in sein Verhalten hineininterpretiert wie z.B. dass er austestet wie weit er gehen kann oder wenn er in Dorfnähe gesichtet wird, die Menschen auskundschaftet.

Tauchen irgendwo zum ersten Mal Wölfe auf liest man Kommentare wie z.B. dass es nun also damit vorbei wäre, im Wald spazieren zu gehen oder Pilze zu suchen etc. In deutschen Wolfsrevieren sind täglich Menschen unterwegs die dort spazieren gehen, joggen, reiten, im Winter Langlauf machen oder im Herbst Pilze suchen und ihr Leben ganz normal leben. Nur die wenigsten haben bei diesen Aktivitäten das Glück einem Wolf zu begegnen. Die allermeisten Leute mit denen ich mich bisher unterhielt, haben auch nach 20 Jahren Wolfsanwesenheit noch NIE einen Wolf gesehen. 


Ein interessantes Beispiel wie Wölfe auf Menschen reagieren möchte ich hier kurz berichten. Das Interessante daran ist dass es sich hier um einen knapp fünf Monate alten Welpen handelt, den wir vor einigen Jahren zufällig entdeckten wie er auf einer Wiese Mäuse fing. Aus der Deckung heraus beobachteten wir den jungen Wolf gut zehn Minuten lang, der Wind war nicht ideal und als er sich dem Waldrand näherte bekam er unsere Witterung in die Nase.

Sofort blieb er wie angewurzelt stehen und blickte sich verunsichert um.


Senkrecht hob er den Kopf und sog die menschliche Witterung ein. Dann drehte er sich um und rannte die Wiese hinab, mehrfach blieb er dabei noch stehen und schaute sich verunsichert um, ehe er im Wald verschwand. Man kann also sehen, dass selbst wenige Monate alte Jungtiere den Menschen bereits meiden und je älter sie werden, desto vorsichtiger und heimlicher werden sie. Natürlich kann es auch vorkommen dass sehr junge unerfahrene Tiere, nicht nur Wölfe, z.B. auch Füchse, Dachse oder Frischlinge, nicht gleich weg laufen sondern eher neugierig auf Menschen reagieren, das ist aber sicher nicht die Regel und auch nicht problematisch.



Wölfe und Hunde


Viele Menschen stellen sich die Frage ob man bei Anwesenheit von Wölfen noch gefahrlos mit seinem Hund spazieren gehen kann. Täglich gehen in deutschen Wolfsgebieten tausende Hundehalter mit ihren Hunden spazieren und es passiert nichts. Im Wolfsrevier sollte man seinen Hund generell an der Leine führen. Allerdings sind Wolfsbegegnungen auch hier die Ausnahme. Ich komme auf 0 bis 3 Begegnungen im Jahr wenn ich mit dem Hund unterwegs bin. Geht man davon aus, dass man seinen Hund dreimal pro Tag ausführt, sind das 1095 Gassirunden pro Jahr. Setzt man das ins Verhältnis sieht man wie selten Wolfsbegegnungen sind. Alle Begegnungen die ich bisher zusammen mit Hund hatte verliefen absolut problemlos. Es gab einen Fall in dem sich uns ein Wolf, wohl aus Neugier auf meine Hündin, auf etwa 30 Meter näherte. Sie rannte in die Leine, knurrte und bellte laut. Nicht einmal da reagierte der Wolf auch nur ansatzweise aggressiv auf den Hund. Er lief einen Bogen um uns und verschwand. In einem anderen Fall betrug die Distanz zu einem Wolf etwa 50 bis 60 Meter, sie zog wieder stark an der Leine und meckerte laut. Der Wolf beobachtete die Situation etwa 30 Sekunden lang und trabte dann ebenfalls davon.


Angesichts der immer mehr ausufernden Beiträge und Kommentare die man tagtäglich über Wölfe liest, war es mir wichtig hier einmal meine eigenen Erfahrungen zu schildern. Ich kann nur jedem empfehlen, nicht alles zu glauben was man hört oder liest. Auf beiden Seiten gibt es Extreme. Zum Einen diejenigen die Wölfe hoffnungslos romantisch verklären, zum Anderen die, die einen regelrecht fanatischen Hass auf diese Tiere haben, Geschichten erfinden oder Horrorszenarien heraufbeschwören. Beides hat mit der Realität nichts zu tun. Ich habe Wölfe als faszinierende, äußerst vorsichtige Tiere kennengelernt, die sehr heimlich und zurückgezogen leben und Menschen in aller Regel aus dem Weg gehen. 



Wolf (besendert) Zwischen diesem Foto (entstanden im September 2022) und der letzten Aufnahme die ich von einem Wolf machen konnte, liegen 26 Monate. In dem genannten Zeitraum hatte ich nur vier Wolfsbegegnungen. Auch dies verdeutlicht einmal mehr, dass selbst wenn man sich aktiv mit Wölfen beschäftigt und täglich in Wolfsrevieren unterwegs ist, Begegnungen alles andere als an der Tagesordnung sind und man unter Umständen sehr lange keine Wölfe zu Gesicht bekommt. Ebenso verdeutlicht es, wie überzogen, übertrieben und teilweise hysterisch das ganze Wolfsthema in der Öffentlichkeit dargestellt wird (von bestimmten Interessenvertretern oftmals ganz bewusst, um Ängste zu schüren) und wie die Realität verzerrt wird durch den ganzen Unsinn der täglich in den Medien (hauptsächlich den Sozialen Medien) verbreitet wird. In diesem Jahr wurde z.B. in meiner alten Heimat der Schwäbischen Alb, in der Gemeinde in der ich aufwuchs und ein paar Monate später unweit davon ein einzelner (durchziehender) Wolf nachgewiesen. Die Kommentare die dazu abgegeben wurden, sind teilweise wirklich zum Fremdschämen. Es ist schon erstaunlich wie Menschen, die in ihrem Leben noch niemals irgendwelche Berührungspunkte mit Wölfen hatten und sich auch sonst nicht für die Natur interessieren, beim Thema Wölfe plötzlich zu Experten mutieren und glauben mitreden zu müssen und zu können.


Inzwischen hat die tägliche Stimmungsmache ein Ausmaß erreicht, dass einem wirklich die Worte fehlen. Mit der Realität vom Leben im Wolfsgebiet hat das alles nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun. Aber das liegt wohl daran dass 99% aller die sich äußern, nicht im Wolfsgebiet leben und sich ihr "Wissen" statt von seriösen Stellen, bei den Akteuren holen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben über Wölfe "aufzuklären", die große Reichweiten in den "Sozialen Medien" erreichen und so einen Unsinn verzapfen, dass es schon weh tut. Ob diese Leute wirklich selber glauben, was sie da erzählen - oder ob es tatsächlich nur dazu dient Unsicherheit und Ängste zu schüren, damit die Stimmung irgendwann kippt und sie so ihr großes Ziel (dass Wölfe endlich zur Jagd freigegeben werden) erreichen, kann ich nicht beurteilen. Das spielt aber auch keine Rolle, denn das Ergebnis ist dasselbe. Aufgewiegelte, verunsicherte und verängstigte Leute, die sich aus Angst vor Wölfen nicht mehr in die Natur trauen, oder sich nicht mehr trauen mit ihrem Hund im Wald spazieren zu gehen, obwohl es bei ihnen gar keine Wölfe gibt - doch die Angst ist da man könnte ja doch auf Wölfe treffen, denn schließlich wimmelt es inzwischen vor den Tieren und man muss immer und überall mit ihnen rechnen. Solche Aussagen liest man dort tatsächlich. 


Ich möchte diesem negativen Thema auf meiner Seite nicht zu viel Raum geben, da es hier um meine Faszination für die Wölfe und meiner Liebe zur Natur geht, finde es aber wichtig auch das aufzugreifen. Wenn es im Angesicht der täglichen Stimmungsmache auch weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein sein mag, so ist es mir doch wichtig, nicht einfach stehen zu lassen was an Lügen, falschen Behauptungen und auch an Unsinn verbreitet wird.



Nach oben